Datum: 23.01.2017
Kurzbeschreibung:
Die Klägerin, eine im Stadtgebiet Baden-Baden ansässige Firma, nimmt die Stadt Baden-Baden auf Schadensersatz wegen eines Feuerwehreinsatzes im Februar 2010 in Anspruch. Bei einem Brand auf dem Firmengelände der Klägerin ordnete der den Brandeinsatz leitende Kommandant der Berufsfeuerwehr der Stadt Baden-Baden den Einsatz von Perfluoroctansulfat(PFOS)-haltigem Löschschaum an, um insbesondere ein Übergreifen des Brandes auf das Nachbargebäude zu verhindern. Bestandteile des Löschschaums, der wegen des Inhaltsstoffes PFOS bereits seit Ende 2006 nicht mehr in den Verkehr gebracht und nur noch bis zum 27.06.2011 aufgebraucht werden durfte, gelangten in den Boden des Grundstücks der Klägerin und das Grundwasser. Die Umwelt- und Gewerbeaufsicht der Stadt Baden-Baden verpflichtete die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks zur Untersuchung des Bodens und des Grundwassers und wegen der dabei gefundenen PFOS- Verunreinigung zu umfangreichen Sanierungsmaßnahmen. Die Klägerin verlangt die Erstattung der dazu aufgewandten Kosten und die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden.
Das Landgericht Baden-Baden hielt den Einsatz des Löschschaums im konkreten Fall für amtspflichtwidrig und hat dem Grunde nach festgestellt, dass die Stadt Baden-Baden zum Ersatz der durch den Feuerwehreinsatz entstandenen Schäden am Grundstück der klagenden Firma verpflichtet ist.
Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat nach ergänzender Beweiserhebung in seinem Urteil vom 23.01.2017 die Haftung der Stadt Baden-Baden dem Grunde nach bestätigt, diese aber auf die Folgen der Verwendung des PFOS-haltigen Löschschaums beschränkt. Er hat die Auffassung vertreten, der Einsatz dieses Löschschaums sei in Anbetracht der umweltschädigenden Wirkung des Schaums in der konkreten Brandsituation ermessensfehlerhaft gewesen. Der Senat folgte der Einschätzung des von ihm angehörten Brandsachverständigen, der feststellte, dass der besondere Vorteil dieses Löschschaums, die Bildung eines Flüssigkeitsfilms auf einer ebenen Fläche (z. B. auf Flüssigkeiten), in der konkreten Situation des Brandes einer Halle mit einem Trümmerfeld nicht nutzbar war und dass die sonstigen Wirkungen (insbesondere die Herabsetzung der Oberflächenspannung des Wassers zur Steigerung der Löschwirkung) auch mit einem nicht PFOS-haltigen Löschschaum erreichbar waren, der nicht zu den eingetretenen Umweltbelastungen geführt hätte. Auch die weitere Einschätzung des Sachverständigen, dass die umweltgefährdenden Eigenschaften des eingesetzten Löschschaums zum Zeitpunkt des Löscheinsatzes in Feuerwehrkreisen bekannt waren und daher auch dem Einsatzleiter der Berufsfeuerwehr der Stadt Baden-Baden hätten bekannt sein müssen, teilte der Senat.
Da mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe lediglich festgestellt wurde, dass die Stadt Baden-Baden für die Folgen des PFOS-Löschschaumeinsatzes grundsätzlich ersatzpflichtig ist, ist die Höhe des geschuldeten Schadensersatzes noch offen. Diese Frage wird nun zunächst das Landgericht Baden-Baden zu prüfen haben.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ist gemäß § 544 ZPO die Beschwerde zum Bundesgerichtshof möglich.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 23.01.2017, Az. 1 U 146/14
Quelle: http://www.olg-karlsruhe.de/pb/,Lde/Startseite/Medien
Antworten