Zukunft ist jetzt: Jugendfeuerwehrparlament lebt auf
Große Aufregung herrschte vor kurzem an den emsländischen Bahnhöfen. Die auffälligen organeblaue Jacken mit dem Schriftzug Jugendfeuerwehr waren deutliches Zeichen, dass sich 21 Jugendliche aus 18 Jugendfeuerwehren von Papenburg bis Salzbergen auf den Weg nach Berlin machten. Vier spannende, ereignis- und lehrreiche Tage lagen vor ihnen.
Kinder, Jugendliche und ihre Familien blicken pandemiebedingt auf eine harte Zeit zurück: neben Schulen und Jugendtreffs waren auch die 27 emsländischen Jugendfeuerwehren und drei Kinderfeuerwehren über ein Jahr oftmals ganz oder teilweise geschlossen. Dadurch haben die rund 550 jungen Brandschützer nicht nur viel Lernstoff rund um die Feuerwehr versäumt, sondern mussten häufig auch auf den persönlichen Kontakt zu ihren Freunden verzichten. Besonders die Absage der Kreiszeltlager im Jahr 2019 und 2020 hat viele sehr gefrustet. Schon bei Reiseantritt berichteten die Brandschützer von viel Langeweile, Ungewissheit, Verunsicherung, Einsamkeit, Pessimismus und sie fühlten sich um „die verlorene Zeit betrogen“. Und genau hier wurde angesetzt. Alle Jugendlichen sollen nun schnell wieder aufholen und Versäumtes nachholen können, ist das erklärte Ziel der Kreisjugendfeuerwehr Emsland unter der Leitung von Klaus Smit. Das gilt nicht nur für das Feuerwehrfachwissen, sondern auch für das soziale Leben der sechs bis 18-jährigen.
Um dem Ziel näher zu kommen, hat die Kreisjugendfeuerwehr Emsland über die Dt. Kinder- und Jugendstiftung Fördermittel aus dem Aktionsprogramm der Bundesregierung „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ für eine viertägige Fahrt nach Berlin eingeworben, sodass für die Eltern der Teilnehmenden keine Kosten entstanden sind.
Teilnehmende waren Jugendliche aus 18 Jugendfeuerwehren, die nach dem Klassensprecherprinzip die Interessen ihrer Ortsgruppe auf Kreisebene vertreten. Begleitet wurden sie von Laura Kolmes (Kasse), Michael Bartsch (Sanitäter), Søren Wessels (Öffentlichkeitsarbeit) und Klaus Smit (Kreisjugendfeuerwehrwart).
Berlin als Zentrum der Demokratie wurde bewusst als Reiseziel ausgesucht, sollte es die einzelnen Jugendsprecher motivieren, sich in dem Jugendparlament der Feuerwehr zu engagieren. Bereits während der Fahrt konnten die Jugendlichen Kontakte knüpfen und Beziehungen aufbauen. Die Jugendlichen wurden dabei auf ihre Rolle als „Klassensprecher“ vorbereitet. Auf Basis des Wir-Gefühls wurde ihnen Raum gegeben, Ideen und Ansätze zu entwickeln, wie die örtliche Jugendarbeit wiederbelebt werden kann. Das Büro von MdB Gitta Connemann hatte der Reisegruppe eigens hierfür die Tagung in einem Sitzungsraum des Bundestages ermöglicht. Wo sonst in Ausschüssen über die Größe des Bundestags beraten wird, tagte nun das Jugendforum der emsländischen Jugendfeuerwehren. Auf der Tagesordnung der Jugendlichen standen nun Fragen, wie mehr Mädchen für die Feuerwehr und für Führungsaufgaben gewonnen werden können, wie die Gruppenstunden im Lockdown gestaltet wurden und welche Schlüsse für die Gestaltung zukünftiger Dienst- und Übungsabende aus der Pandemie gezogen werden können.
Neben dem Großstadtfeeling bot das gut vorbereitete Rahmenprogramm wie ein Impulsvortrag zur Abgeordnetenarbeit aus dem Büro von MdB Gitta Connemann, die Besichtigung des Reichstags, der Berliner Mauer, dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas, einer Spreerundfahrt und einem Bowlingabend viel Abwechslung. Unterschwellig konnte so außerschulisch Wissen hinsichtlich Demokratie, Politik, Geschichte, Vielfalt, Stadt-Land-Leben vermittelt werden. Insbesondere die dargestellten Kriegsgeschehnisse und die Deutsche Trennung haben sichtlich Eindruck beim Feuerwehrnachwuchs hinterlassen. Aber auch die vermeintlich einfachen Dinge des Alltags, waren für die Jugendlichen teils eine Herausforderung und luden zum praktischen Lernen ein. Ob eigenständig U-Bahn-Verbindungen heraussuchen, den Kontakt zu obdachlosen Menschen erleben, die Geschwindigkeit und die Enge einer Großstadt spüren, die lebendige Sprachvielfalt von Menschen kennenlernen oder unbekanntes Essen googlen zu müssen: All das sorgte für Staunen, bleibende Impressionen und den einen oder anderen Lacher.
Einen Höhepunkt hatten sich die Gruppenleiter hinsichtlich neuer und nachhaltiger Feuerwehrtechnik überlegt. Die Berliner Feuerwehr hat als erste Feuerwehr in ganz Deutschland ein vollelektrisches Fahrzeug in den Dienst gestellt. Bei dem elektrischen Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug, derzeit stationiert bei der Berliner Feuerwache Suarez, ist sowohl der Fahrantrieb als auch der Betrieb der kompletten Technik inklusive der Feuerlöschkreiselpumpe batterieelektrisch.
Als Fazit der Reise resümierte Smit, dass das Jugendforum neue Impulse erhalten hat und nun mutig in die Zukunft schaut. Die Jugendlichen haben teils noch in Berlin neue kreative Ideen in ihre Ortsjugendwehr kommuniziert und Eigeninitiativen gestartet. Smit erklärte, dass die Jugendlichen gerade nach der langen Zeit der Entbehrungen gute Jugendarbeit, Verlässlichkeit, Strukturen und soziale Bindung bräuchten. Dieses ist für die Feuerwehr besonders wichtig, sind die jungen Brandschützer doch die Feuerwehrkameraden von morgen, auf die wir uns im Fall der Fälle uneingeschränkt verlassen wollen. Die Berlinfahrt war dafür genau richtig und entspricht dem Fördermotto „AUFleben! Zukunft ist jetzt.“, betonte Smit.
Auf die Frage zum Ausblick macht Smit deutlich: „Die Aktivitäten auf Landkreisebene und in den 27 Ortsgruppen sollen gerade wegen der Pandemie mit kreativen Ideen und neuen Impulsen adressatengerecht wiederbelebt werden. Mit dem in Berlin gewonnenen frischen Aufwind planen wir bereits ein Schwarzlicht-Völkerballturnier und ein Sommerzeltlager sowie Fortbildungsseminare für die Jugendgruppenleiter.“. Wir verfolgen umfangreiche Ziele und möchten unseren Mitgliedern Werte mit auf den Weg geben, betonte Smit anschließend. „Es gilt: von Kinder für Kinder! Selbstständig sein, Verantwortung übernehmen, soziales Engagement lernen, Gemeinschaftssinn zeigen, Eigeninitiativen zeigen, schulformübergreifend Kontakte knüpfen, kreisweit vernetzen, Vielfalt leben, spielerisch außerhalb von Schule lernen, sich sportlich betätigen, Erfolg und Misserfolg erfahren, Selbstvertrauen entwickeln, sich ausprobieren sowie eigene Grenzen und den Körper kennenlernen: für all das stehen die Jugendfeuerwehren im Emsland.“
Quelle: Kinder- und Jugendfeuerwehrendes Landkreises Emsland, Kreisjugendfeuerwehrwart Klaus Smit