16.9.2022 – Die Berliner Feuerwehr ist seit vielen Jahren in zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsprojekten, die die zivile Sicherheit betreffen, aktiv eingebunden und initiiert die Integration innovativer Konzepte und Produkte in den unterschiedlichen Bereichen des Feuerwehrwesens aktiv mit. Seit 2018 unterstützt die Berliner Feuerwehr mit dem Projekt „elektrisches Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug“ (BENE – Förderkennzeichen 1213-B4-N), welches kurz als Projekt „eLHF“ bezeichnet wird, die Entwicklung und Integration eines elektrisch angetrieben Löschfahrzeuges. Das Projekt „eLHF“ ist ein durch das Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung (BENE) gefördertes Vorhaben. Das Programm wird aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ko-finanziert, wodurch das Projekt „eLHF“ direkt durch Mittel der Europäischen Union unterstützt wurde.
Dr. Silke Karcher, Staatssekretärin für Umwelt und Klimaschutz:
„Wir wollen und müssen Berlins Fahrzeugflotten dekarbonisieren, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen – und das gilt nicht nur für kleine Pkw, sondern ebenso für schwere Nutzfahrzeuge. Für die Feuerwehr spielt dabei höchste technische Zuverlässigkeit und gesicherte Einsatzbereitschaft im strapaziösen Dauerbetrieb eine entscheidende Rolle. Umso besser ist das Ergebnis dieses Pilotprojekts, das wir mit EFRE- plus Landesmitteln gefördert haben: Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass ein solcher Einsatz möglich ist – und viele Vorteile bringt. Das heißt: Die systematische Ausrüstung der Feuerwehr mit elektrischen Löschfahrzeugen ist ab sofort planbar.“
Das übergeordnete Ziel des Projektes war die modellhafte Erprobung eines elektrisch angetriebenen Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeuges, welches den stetig steigenden Anforderungen in puncto Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz in urbanen Gebieten gewachsen ist. Im Vordergrund standen dabei die Reduzierung des Kohlenstoffdioxid-, Stickoxid- und Feinstaubausstoßes sowie die Lärmminderung im Innenstadtbereich der Metropole Berlin. Gleichzeitig wurden viele Optimierungspotentiale durch konsequente Digitalisierung und den Einsatz zukunftweisender Kommunikationsmittel erschlossen. Im Rahmen des Projektes sollte ein Gesamtkonzept für den Betrieb schwerer Feuerwehrfahrzeuge erarbeitet und erprobt werden. Dabei lag das Hauptaugenmerk auf dem Spannungsfeld zwischen elektrischer Betriebszeit, Ladeinfrastruktur und Katastrophenschutzfestigkeit.
Im Sommer dieses Jahr fand das Projekt „eLHF“ seinen Abschluss und wir haben Bilanz gezogen.
Das Projekt „eLHF“ war für die Berliner Feuerwehr ein sehr zeitintensives aber überaus spannendes Projekt, welches national und international mit großem Interesse verfolgt wurde. Durch das Vergabeinstrument der Innovationspartnerschaft hatte die Berliner Feuerwehr die Möglichkeit, die Entwicklung eines neuen Fahrzeugkonzeptes sehr eng zu begleiten. Diese enge Begleitung ermöglichte es, gemeinsam mit der Industrie ein Fahrzeug zu entwickeln, welches die zukünftigen Anforderungen an ein Löschfahrzeug im smarten und urbanen Einsatzgebiet deutlich besser erfüllen kann, als es durch bisher verfügbare Fahrzeuglösungen der Fall war.
Im Zentrum der Entwicklung standen die Kernanforderungen. Jedoch war die Reduzierung der Treibhausgasemissionen einer der wichtigsten Punkte des Projektes.
Im Erprobungszeitraum wurden mit dem Projektfahrzeug im Einsatzdienst 10,3 t CO2-Äquivalent im Vergleich zu einem konventionell angetriebenen Löschfahrzeug eingespart. Die Erprobung und theoretische Hochrechnung (Interpolation) hat zudem gezeigt, dass das gesteckte Ziel deutlich übererfüllt werden kann. Bezogen auf die Einsatzzahlen erfolgte der Betrieb des Fahrzeuges in 90,7 % aller Einsätze in einem rein batterieelektrischen Betriebsmodus. Hier gibt es Potenziale, diesen Anteil noch deutlich zu erhöhen.
„Wir sind mehr als positiv überrascht, was die Leistungsfähigkeit des Fahrzeuges betrifft. Alle Mühen und Anstrengungen, die in dieses Projekt geflossen sind, haben sich ausgezahlt. Ich bin stolz darauf, dass wir im Fuhrpark der Berliner Feuerwehr über das modernste Löschfahrzeuge der Welt verfügen. Mit dem „eLHF“ haben wir einen großen Teil für eine nachhaltige Zukunft beigetragen und die Mensch-Maschine-Schnittstelle derart verbessert, dass zukünftig den diversen Gruppen in der Vielfalt der Feuerwehrangehörigen die Arbeit deutlich erleichtert wird.“, so Karsten Göwecke, Ständiger Vertreter des Landesbranddirektors.
Im Rahmen der Fahrzeugtests und in der Erprobung des Fahrzeuges auf den Feuerwachen konnte das Fahrzeug mit Blick auf die Katastrophenschutzfestigkeit überzeugen. Dieser Punkt ist für die Integration des Fahrzeugkonzeptes immens wichtig. Die Berliner Feuerwehr ist mit ihrer Fahrzeugtechnik ein relevanter Bestandteil des Katastrophenschutzsystems des Landes Berlin und die Kompatibilität neuer Fahrzeugtechnik muss zwingend erfüllt sein.
Das neue Antriebskonzept, unter Verwendung von Elektromotoren für den Fahr- und Pumpenbetrieb, hat viele Vorteile für den Einsatzbetrieb aufgezeigt. Der überwiegende Teil der Einsatzkräfte, welche an der Erprobung teilgenommen haben, empfinden die Arbeit mit dem Fahrzeug als angenehmer. Die Lärm- und Abgasreduzierung während der Nutzung des Fahrzeuges wird als Vorteil an Einsatzstellen, im Übungsdienst und beim Ein- und Ausfahren in die bzw. aus der Fahrzeughalle gesehen. Die Reduzierung des Verkehrslärms außerhalb der Fahrten mit Sonder- und Wegerechten ist deutlich wahrnehmbar.
Die grundsätzliche Neugestaltung der Fahrzeugarchitektur, welche durch die neue Antriebstechnologie ermöglicht wurde, bietet viele Verbesserungen für den betrieblichen Gesundheitsschutz. Beispielhaft ist hier der komplette Verzicht auf die Dachbeladung zu nennen, welche bei herkömmlichen Fahrzeugkonzepten in der Regel nur vom Dach aus zu entnehmen ist. Die Umgestaltung ermöglichte es, die Beladung im Fahrzeugaufbau unterzubringen bzw. für die verbleibenden Geräte mit Entnahmehilfen einen sicheren Zugriff zu gewährleisten. Ein Aufstieg auf das Fahrzeugdach – mit einhergehender Absturzgefahr – ist bei diesem Konzept nicht mehr notwendig. Des Weiteren ist der ergonomische und sichere Ein- und Ausstieg aus der Fahrzeugkabine, vor allem für Einsatzkräfte in Schutzkleidung und mit Ausrüstung, sehr vorteilhaft und kann zur Reduzierung von Dienstunfällen beim Verlassen des Fahrzeuges beitragen. Der Verzicht auf Gerätetiefraumklappen lässt in diesem Punkt ebenfalls Vorteile erwarten. Trotz dieser Umgestaltungen ist es zu keiner Verringerung des verfügbaren Beladeraumvolumens gekommen.
Die neue Gestaltung des Mannschaftsraumes mit der Integration des Maschinisten und des Staffelführers in einer Fahrzeugkabine hat die Kommunikation, insbesondere auf der Anfahrt zu einem Einsatz, deutlich verbessert. Der direkte Informationsaustausch in dieser Einsatzphase ist als sehr elementar anzusehen. Die Verbesserungen, im Vergleich zu konventionell gestalteten Mannschaftsräumen, konnten durch die Einsatzkräfte in der Erprobung bestätigt werden.
Die Fahrzeugtests und die Erprobung des Fahrzeugkonzeptes im Einsatzdienst der Berliner Feuerwehr werden als Erfolg bewertet. Für die Zukunft ist es geplant, notwendige Ersatzbeschaffungen im Bereich der Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeuge auf dieses bzw. vergleichbare Fahrzeugkonzepte auszurichten.
Quelle: Berliner Feuerwehr, Stab Kommunikation