Die Rolle der Spontanhelfer in Krisenfällen

Dreijähriges Forschungsprojekt „PRAKOS“ gibt neue Grundlagen für die Ausbildung im Bevölkerungsschutz

In Katastrophenfällen und bei Großschadenslagen könnte der Einsatz von Spontanhelfern künftig noch besser als bisher genutzt werden. Voraussetzung ist eine gute Schulung der Katastrophenschützer im Umgang mit den Menschen, die – ohne einer der bestehenden Organisationen anzugehören – in Krisenfällen ihre Hilfe anbieten. Das ist eines der zahlreichen Ergebnisse aus dem dreijährigen Forschungsprojekt PRAKOS (Praktiken und Kommunikation zur aktiven Schadensbewältigung), das am Freitag (8. Dezember) im Rahmen einer Veranstaltung in der Universität Hamburg offiziell seinen Abschluss fand.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt soll die Einsatzkräfte unterstützen, sich auf Veränderungen einzustellen und ihre Ausbildung noch effektiver zu gestalten. Koordinator des Projektes war die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e. V. (vfdb, Referat 13). Partner waren die Universität Kiel, die Polizeiakademie Niedersachsen, die Universität Hamburg, die Universität der Bundeswehr München und das Technische Hilfswerk (THW) in Bonn.

Wissenschaftler führten mehr als 100 Interviews

Anhand realer Einsatzfälle der vergangenen Jahre wurde die Zusammenarbeit sowie die Risikokultur der an der Bewältigung von Großschadenslagen Beteiligten aller Ebenen (Verwaltung, Einsatzkräfte, Bevölkerung, Medien, Politik) untersucht. Dazu führten die Wissenschaftler unter anderem mehr als 100 Interviews mit Beteiligten. Überschwemmungen durch Starkregen gehörten ebenso zu den betrachteten Szenarien wie die Auswirkungen eines Tornados und die Bewältigung der Flüchtlingskrise in Deutschland vor zwei Jahren. Basierend auf den Erkenntnissen aus dem Forschungsprojekt wurden nach den Worten des Projektkoordinators Dr. Dirk Oberhagemann bereits zwei Pilotseminare zur Schulung von Einsatzkräften zum Umgang mit Spontanhelfern durchgeführt und evaluiert. „Derartige Seminare gilt es, künftig in die Ausbildung einzubeziehen“, betont Dr. Oberhagemann.

Zu den ersten wichtigen Maßnahmen bei der Einbeziehung von Spontanhelfern gehört es den Erkenntnissen zufolge, an einem festen Anlaufpunkt die Fähigkeiten und damit die Einsatzmöglichkeiten der Helfer zu erfassen. „Interessant ist zum Beispiel: Handelt es sich um einen Handwerker oder um einen Computerfachmann, kann der Betreffende mit einer Motorsäge umgehen? Das sind nur einige Beispiele für Fragen“, erläutert der Koordinator. „Geklärt werden muss aber auch: Wo lassen die anreisenden Helfenden ihre Fahrzeuge, wie kommen sie weiter zum Einsatzort.“ Vieles, so der vfdb-Generalsekretär, lasse sich oft auch im Vorfeld schon klären. „Ein Beispiel: Gibt es einen Sportverein in der Nähe, dessen Mitglieder beim Füllen von Sandsäcken helfen können?“

Zusammenarbeit mit Spontanhelfern auf Augenhöhe

Als erstrebenswert wird es angesehen, dass die Zusammenarbeit zwischen Einsatzkräften und Spontanhelfern auf Augenhöhe geschieht. Voraussetzung sei jedoch eine gute Schulung der Einsatzkräfte. „Helfer müssen außerdem Erfolgserlebnisse haben und Ihnen muss Anerkennung zuteilwerden“, so Dr. Oberhagemann. „Und: Konkurrenzdenken ist fehl am Platz.“
In zahlreichen Vorträgen gingen die Referenten auf der PRAKOS-Abschlussveranstaltung auf die unterschiedlichen Aspekte der Zusammenarbeit aller Beteiligten bei Großschadenslagen ein – neben den hauptberuflichen und ehrenamtlichen Helfern von Feuerwehren, THW und anderen Organisationen sowie Spontanhelfern aus der Bevölkerung auch die Vertreter der politischen Ebene.

Referate aus der Praxis

Zum Programm gehörte unter anderem ein Vortrag von THW-Präsident Albrecht Broemme über die Bewältigung von Großschadenslagen aus politischer Sicht, Klaus Maurer, Leiter der Hamburger Berufsfeuerwehr, referierte über die Bewältigung von Großschadenslagen in der Hansestadt, und Feuerwehr-Kommandant Ben Bockemühl aus Villingen-Schwenningen berichtete anhand eines Fallbeispiels Tornado über die Erfahrungen eines Einsatzleiters. Berücksichtigt wurde hierbei auch die Rolle der Medien.

Allgemein begrüßt wurde von den Teilnehmern, dass – anders als bei vergleichbaren Untersuchungen zum Thema Großschadenslagen – im PRAKOS-Projekt auch Wahrnehmungen, Interpretationen, Kommunikationsansätze und Praktiken sowie das kulturelle Umfeld berücksichtigt wurden. vfdb-Koordinator Dr. Dirk Oberhagemann: „Bei PRAKOS ging es darum, sowohl Bestehendes zu hinterfragen als auch nach Neuem zu suchen.“
Quelle: vfdb

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