Forscher nehmen „Second Life“-Batterien unter die Lupe

MÜNSTER In einem neuen Forschungsprojekt wollen Wissenschaftler die Sicherheit sogenannter Second Life-Batterien untersuchen. Dabei handelt es sich um ausgediente Akkus, die aus Elektrofahrzeugen ausgemustert wurden, um danach noch als stationäre elektrochemische Energiespeicher verwendet zu werden. Solche Speicher werden zum Beispiel in Wind- oder Solarparks oder in Gebäuden installiert. Voraussetzung für die Forschungsarbeit ist nach Angaben der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) eine Großversuchsanlage, wo Batterien mit einem Energieinhalt von etwa 500 kWh getestet werden können. Gemeinsam mit der vfdb sind das Institut für Apparate und Umwelttechnik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU), die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und das Institut der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen (IdF NRW) an dem Projekt (Sicherheit elektrochemischer Energiespeicher in Second Life Anwendungen SEE-2L) beteiligt. Es wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ (www.sifo.de) der Bundesregierung gefördert.
 
„Neben den Leistungsparametern steht bei den Speichertechnologien, insbesondere der Lithium-Ionen-Technologie, zunehmend deren Sicherheit im Blickpunkt“, erläutert ein Sprecher der vfdb. Stationäre Speicheranlagen seien jedoch für die Energiewende äußerst relevant. Deshalb sei eine deutliche Zunahme zu erwarten. Offen sei aber derzeit, wie genau die Lithium-Ionen-Technologie mit Blick auf den Brand- und Explosionsschutz beherrschbar ist. „Charakteristisch für diese Speichersysteme ist einerseits der hohe Energieinhalt pro Volumen und andererseits die Möglichkeit, dass elektrochemische Zellen in einen unkontrollierten Reaktionszustand übergehen, ohne dass dies vorher erkennbar ist“, so der vfdb-Sprecher weiter. Das bedeute Herausforderungen für den vorbeugenden und den abwehrenden Brandschutz sowie für den Explosionsschutz.
 
Wie lassen sich durchgehende Reaktionen in Batteriemodulen erkennen und kontrollieren? Welche Löschverfahren sind sinnvoll? Wie sind die Auswirkungen auf die umgebende Gebäudekonstruktion? Wie müssen stationäre Speicheranlagen im baulichen Brandschutz berücksichtigt werden? Welche Handlungshinweise und Grundlagen für Schulungskonzepte lassen sich für Feuerwehren ableiten? – Das sind nur einige der Fragestellungen, mit denen sich die Projektpartner beschäftigen werden. Darüber hinaus sollen Lösungsansätze für Batteriesätze entwickelt werden, bei denen die mögliche Freisetzung von Wärme nicht durchgehende Reaktionen in benachbarten Batteriesätzen oder -modulen auslöst.
 
Brände oder Explosionen mit Lithium-Ionen-Batterien gelten für die Feuerwehren noch nicht als alltäglich. Damit dies auch mit einer deutlich größeren Verbreitung dieser Technologie so bleibt, sollen die technischen Konzepte weiterentwickelt und Sicherheitsstandards geschaffen werden. Oberstes Ziel ist der Schutz der Einsatzkräfte. Bislang gibt es keine fundierte Grundlage für die Umsetzung einer einheitlichen taktischen Vorgehensweise. Auch fehlt eine einheitliche Schulung von Einsatzkräften. Auch dazu soll das Projekt beitragen.
 
Um die umfangreichen Ziele zu erreichen, müssen Prüfstände und Prüfumgebungen bei neutralen Institutionen geschaffen werden, bei denen Tests mit den Speichertechnologien im Realmaßstab möglich sind. Da derartige Versuche, bei denen es zu heftigen chemischen Reaktionen kommen kann, nicht ungefährlich sind, müssen die Anforderungen an den Standort solcher Prüfeinrichtungen besonders hoch sein. Die Grundvoraussetzung ist damit ein Aufstellungsort im Umfeld schon bestehender Versuchs- und Schulungsanlagen.
 
„Flächendeckend sind die Grundlagen für das Verständnis kritischer Zustände von Akkusystemen nicht bekannt“, betont die vfdb. „Auch fehlen einsatztaktische Handlungsempfehlungen und Schulungskonzepte, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Deshalb soll aus dem Projekt ein wesentlicher Beitrag zur sicheren Handhabung von LI-Systemen erarbeitet werden.“ Die Ergebnisse der Arbeit sollen Schulungskonzepten für die feuerwehrtechnische Aus- und Weiterbildung dienen und bundesweit verbreitet werden. Damit die Forschungsinhalte und –ergebnisse praxisnah vermittelt werden können, ist ein dezentraler Übungsstand geplant.
 

Quelle: vfdb